Ausgegraben: der Steinbrechersteig

Viele Wege und Pfade in der Sächsischen Schweiz sind alt, manche hunderte Jahre alt. Viele dieser Wege werden häufig begangen, manche weniger, einige überhaupt nicht mehr. Letztere werden entweder nicht mehr genutzt, weil sie zu verbotenen Wegen erklärt wurden – in der Kernzone des Nationalparks – oder weil sie einfach in Vergessenheit gerieten, da sie nicht mehr gebraucht wurden.

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Der Steinbrechersteig bei Bad Gottleuba, ein Weg, den vor einem Jahr wahrscheinlich niemand mehr kannte.

Ganz am Rande der Sächsischen Schweiz, wo der Sandstein langsam oder abrupt in andere Gesteinsarten übergeht, sind nur noch wenige Touristen unterwegs. In der Umgebung Bad Gottleubas trifft der einsame Wanderer vielleicht den einen oder anderen Kurgast bei seinem Spaziergang, kaum aber andere Weggefährten. Hier findet Markus Ehrentraut am 1. August 2015 mehr zufällig unweit des als Brand bekannten Gebietes einige fast unter dem Waldboden verschwundene Steinstufen. Als Mitglied der IG Stiegen- und Wanderfreunde ist sein Interesse natürlich sofort geweckt. Ganz in der Nähe findet er weitere Stufen, die offensichtlich zu einem längeren Steig gehören.

Quelle: Moritz Fischers "Führer durch das Gottleubatal" von 1882

Quelle: Moritz Fischers „Führer durch das Gottleubatal“ von 1882

Ein solcher Weg ist in keiner der ihm zugänglichen Karten eingezeichnet, auch beim Studium alter Messtischblätter oder Karten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wie den berühmten Meinhold-Karten, wird er nicht fündig. Schließlich findet Markus beim Studium alter Heimatliteratur eine Beschreibung in Moritz Fischers „Führer durch das Gottleubatal“ von 1882. Das Foto zeigt eine Ausschnittskopie aus dem genanntem Werk. Zwar stimmt die Einordnung der Wegbeschreibung in das gefundene Gebiet im Wald, der Wegverlauf lässt sich allerdings anhand der aufgeführten Orientierungspunkte in der Gegenwart nicht mehr nachvollziehen. Weder die eingangs beschriebene Bank noch ein Wegweiser oder eine damals offensichtlich schon verfallene zweite Bank sind heute noch vorhanden. Ich bin den Weg selbst mit gelaufen und kann mir aus der Beschreibung kein Urteil bilden, ob Markus den Steinbrechersteig tatsächlich gefunden hat. Nun ist das Gebiet nicht sehr groß und bei den einzelnen noch vorhandenen Felsen liegt die Vermutung nahe, dass es sich hier um die Überreste des einst sehr intensiven Sandsteinabbaus handelt. Da wir nicht genau wissen, ob die Stufen tatsächlich zum erwähnten Steinbrechersteig gehören, schlägt Markus vor, den Weg ‚Giesensteiner Felsenpfad‘ zu nennen.

Gleich welchen Namen der Pfad trägt, er sollte keinesfalls wieder in der Natur verschwinden. Mit erheblichem Zeitaufwand legt Markus von Hand etwa 80 alte Steinstufen frei und kann den Weg auf einer Länge von 400 Metern begehbar machen.

Fotos: Markus EhrentrautFoto: Markus Ehrentraut und Karsten Krasselt (Bildausschnitt)Fotos: Markus Ehrentraut Fotos: Markus EhrentrautDa nur begangene Wege in der Natur erhalten bleiben, füge ich an dieser Stelle einen GPS-Track und den Eintrag des Pfades in eine Open Street Map Karte ein.

Steinbrechersteig - Kartenausschnitt: Copyright Open Street Map Karte – Creative Commons Attribution Share Alike-Lizenz 2.0    Steinbrechersteig - Kartenausschnitt: Copyright Open Street Map Karte – Creative Commons Attribution Share Alike-Lizenz 2.0       GPS Track zum Download

Ganz bewusst möchten wir Wanderer zum Besuch des Felsenpfades animieren. Der Weg lohnt sich auf jeden Fall, wie die Bildergalerie anschaulich dokumentiert.

Foto: Markus EhrentrautUnd der Felsenpfad ist bisher noch nicht einmal in seiner gesamten Länge zugänglich. Aktuelle Untersuchungen von Markus zeigen (siehe Foto), dass der Steinbrechersteig oder Giesensteiner Felsenpfad wahrscheinlich bereits 200 Meter vor der ersten bisher freigelegten Stelle (also weiter nördlich) beginnt.

Um den gesamten Weg begehbar zu machen, müssen allerdings einige rechtliche Aspekte betrachtet werden. Wir befinden uns zwar weder im Nationalpark Sächsische Schweiz und auch in keinem Naturschutzgebiet, allerdings gibt es natürlich einen Besitzer des Waldstücks. Nach Markus‘ Recherchen ist das Gelände wohl in Privatbesitz. Mit Hilfe der/des zuständigen Wanderwegewarte(s) soll der Besitzer kontaktiert werden. Bleibt zu hoffen, dass Markus mit der bereits avisierten Unterstützung der IG Stiegen- und Wanderfreunde den Pfad in seiner gesamten Länge für Wanderer nutzbar machen kann.

Da der bisher freigelegte Weg eine weite Anreise (noch) nicht lohnt, füge ich den GPS-Track und die Übertragung auf die Open Street Map Karte der Wanderung der IG Stiegen- und Wanderfreunde vom 22. Mai an dieser Stelle ein. Eine Beschreibung der etwa 14 Kilometer langen Wanderung findet ihr auf sandsteinwandern.de (IG on Tour). Darauf kann ich also an dieser Stelle verzichten.

Kartenausschnitt: Copyright Open Street Map Karte – Creative Commons Attribution Share Alike-Lizenz 2.0      GPS Track zum Download

Rechtlicher Hinweis zum Abschluss:
Die Fotos stammen von Markus Ehrentraut (genannt), Wanderfreak (genannt), Karsten K. (Bildmontage) und mir (alle nicht genannten Quellen).

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Eine Antwort zu Ausgegraben: der Steinbrechersteig

  1. Ralf sagt:

    Hochachtung für so viel Arangement!
    Wir waren da, 4 Füße haben Ihren „Beitrag“ erbracht 😉
    Manche Stellen waren noch etwas schwer zu finden, aber sehr, sehr schön!
    LG Ralf + Viola

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