So
etwas wollte ich eigentlich nie mitmachen. Eine
Massenwanderung mit Kontrollpunkten, Stempel und Urkunde
zum Schluss, eine Horrorvision. Zufällig las ich den
Artikel in einer regionalen Zeitung: "Von Radeberg zur Radeberger Hütte". Radeberger Hütte? Wo liegt die denn?
Wie ich weiter las, handelt es sich um die Vereinshütte
der Freien Kletterer Radeberg im Zahnsgrund am Rande der
Schrammsteine. Also eine 40 Kilometer lange Wanderung
von Radeberg bis zu den Schrammsteinen. Schaust du doch
mal auf die Internetseite www.f-k-r.de. Viel zu sehen
bekam ich Anfang September 2008 auf der Seite allerdings
nicht. Wird die gerade überarbeitet oder was soll das?
Immerhin gab es einen Eintrag von der Wanderung des
Vorjahres. Was mich überraschte, war die geringe
Teilnehmerzahl bei der Gesamttour - nur 39 und ein Hund.
Vielleicht doch keine Massenwanderung? Mal sehen, wie
das Wetter am 27.09.08 wird.
Einen Tag vor dem Start waren die Wetteraussichten gut,
zwar Frühnebel, dann aber Sonnenschein und angenehme
Temperaturen. Blieb noch das logistische Problem für den
Rückweg. Immerhin musste ich zum Start nach Radeberg und
am Ende das Auto wieder dort abholen. Spontane Zusage
meines "Familienvorstandes", diese "Tor-Tour" auch
mitzumachen. Also mit zwei Autos losgefahren. Das eine
Fahrzeug in Dresden an der Straßenbahn abgestellt, das
andere Auto am Start in Radeberg. Startzeit war zwischen
7.00 Uhr und 8.15 Uhr am Stadion in Radeberg. Wir trafen
ca. 7.20 Uhr ein, füllten die Startbögen aus, zahlten
die 3 Euro Startgebühr pro Person und gingen mit der
Wanderskizze in der Hand los. Ob der Hund aus dem
Vorjahr schon weg war oder uns bald in der Wade hing?
Wir hatten die Nummern 41 und 42 bekommen. Es waren also
schon mehr vor uns gestartet als im letzten Jahr
insgesamt. 3 Wanderer liefen gut 100 Meter vor uns in
den Nebel. Wussten die, wo es lang geht? Wir nicht,
merkten aber schnell, dass der Weg sehr gut
gekennzeichnet worden war. An jeder Abzweigung fanden
wir die kleinen roten Pfeile mit dem "FKR-Symbol". Das
änderte sich auf den gesamten 40 Kilometern nicht. So
war es nicht weiter schlimm, dass nach einer Stunde die
vor uns gestartete Minigruppe gänzlich im Nebel
verschwand. Hinter uns kam niemand, der schneller ging,
abgesehen von einer Läufergruppe und einer einzelnen
Wanderfreundin, die uns schon am Anfang überholten.
Die Route führte zunächst von Radeberg nach
Dürrröhrsdorf, dem Ort, der die drei "R" schon vor
der Rechtschreibreform im Namen führte. Hier gelangten
wir nach 10 Kilometern zum ersten Kontrollpunkt. Stempel
holen, einen Becher trinken und weiter ging es. Am
Kontrollpunkt trafen wir auf einige wenige Mitstreiter.
Einige waren vielleicht auch erst hier eingestiegen. Es
bestand die Möglichkeit, nur Teilstrecken von 30, 25 und
15 Kilometer zu wandern. Es ging nun auf Wald- und
Wanderwegen durch das Wesenitztal zum
Aussichtspunkt im Naturflächendenkmal Breiter Stein.
Der Aufstieg zum Breiten Stein stellte die erste kleine
konditionelle Herausforderung dar (langer Anstieg).
Leider hatte sich der Nebel immer noch nicht aufgelöst.
Die Sicht war gleich Null. Also nur den Stempel holen
(zweiter Kontrollpunkt) und weiter. Auf Waldwegen ging
es Richtung Lohmen.
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Wir
erreichten den Nationalpark Sächsische Schweiz an
der Straße zwischen Lohmen und der Hocksteinschenke.
Hier ging es leider ein kurzes Stück an der Straße
entlang, vorbei am großen Zubringer-Parkplatz zur Bastei
und auf dem Bruno-Barthel-Weg (Halbzeit, 20 Kilometer
geschafft!) nach Rathewalde. Unsere Route führte uns
direkt an der Hocksteinschenke vorüber auf den
Hockstein zum dritten Kontrollpunkt nach ca. 25
Kilometern. Zeit für die Mittagspause. Wir lagen genau
im Plan. Ich hatte einen Stundenschnitt von 5 Kilometer
geplant, damit wir etwa zwischen 16.30 Uhr und 17.00 Uhr
an der Radeberger Hütte ankommen. Das schien zu
funktionieren. Der Nebel war endlich aufgezogen und wir
konnten die Aussicht vom Hockstein genießen. Durch die
Wolfsschlucht führte der Abstieg ins Polenztal.
Angenehm schattig verlief der Weg jetzt entlang der
Polenz zur Waltersdorfer Mühle. Hinter der Mühle wies
die FKR-Markierung aus dem Tal heraus.
An Waltersdorf vorbei ging unsere Wanderung nach
Porschdorf. Links schweifte der Blick zum Brand (Bergbaude,
Gaststätte) und zu den Ochelfelsen, vor uns tauchten zum
ersten Mal die Schrammsteine auf, das Ziel der Tour.
Zunächst verloren wir die bizarre Felsgruppe wieder aus
dem Blick, denn wir stiegen nach Porschdorf ins Tal ab.
Nicht lange und die verlorenen Höhenmeter mussten zurück
gewonnen werden. Der Aufstieg über den Pferdesteig in
den oberen Ortsteil von Rathmannsdorf kostete
nach 30 Kilometern schon etwas Schweiß, zumal
mittlerweile die Sonne kräftig schien. In Rathmannsdorf
erwartete uns der letzte Kontrollpunkt - mit Bier,
Kaffee und Pflaumenkuchen. Also legten wir eine kleine
Rast ein. Der Einladung konnten wir nicht widerstehen.
Jetzt lagen nur noch etwa 6 Kilometer vor uns.
Nur
noch 6 Kilometer? Ja schon, aber mit einem steilen
Abstieg ins Kirnitzschtal und unmittelbar
folgendem Aufstieg der eben verlorenen Höhenmeter aus
dem Kirnitzschtal heraus nach Ostrau. Die letzte
Steigung hatte es noch einmal in sich. Der Aufstieg
schien nach 37 Kilometern kein Ende zu nehmen.
Aber dann war es geschafft. Hinter dem Ort ragten die
Schrammsteine und der Falkenstein steil empor. Das
letzte Stück des Weges führte uns durch das Klüftel zu
Radeberger Hütte - fast genau 16.30 Uhr waren wir
angekommen, wie geplant.
Freundlich wurden wir von den Veranstaltern des Vereins
empfangen. Speisen und Getränke standen schon bereit für
die abschließende Rast.
Blieb nur noch der Rückweg. Bis zur Bushaltestelle im
Zahnsgrund sind es nur wenige hundert Meter. Nur fuhr in
nächster Zeit kein Bus. Also ein Taxi gerufen und zum
Bahnhof Bad Schandau gefahren, kein Problem. Das gab es
dann nur am Fahrkartenautomaten. Da der Schalter am
Samstag Nachmittag natürlich nicht mehr besetzt war -
vielleicht später einmal, wenn die Servicegebühr im
nächsten Versuch eingeführt werden sollte - mussten wir
am Automaten lösen. Der konnte aber unseren
20-Euroschein nicht wechseln und verwies auf "passend
zahlen". Mit den letzten Cent konnten wir tatsächlich
die Summe zusammenkratzen. Von Bad Schandau ging es in
50 Minuten bis Dresden-Hauptbahnhof, weiter mit der
Straßenbahn nach Dresden-Klotzsche zu unserem Auto. Mit
diesem fuhren wir dann nach Radeberg zum Auto Nummer
zwei und schließlich nach Hause - Ankunft kurz vor 20
Uhr.
Fazit: Eine gelungene
(sehr lange) Wanderung auf Wegen, die wir sonst wohl nie
gegangen wären, selbst Tourabschnitte in der Sächsischen
Schweiz waren uns bisher noch unbekannt. Die
Organisation durch die Freien Kletterer Radeberg kann
nur lobend herausgestellt werden. Alles verlief sehr
dezent und ruhig, also keine "Massentour", wie ich
zunächst befürchtet hatte. Bleibt abschließend nur ein
Dankeschön an die Ausrichter.
Wer die beschriebene Wanderung
machen möchte, benötigt gute Karte(n). Nur ein Teil der
Gesamtstrecke
ist als Wanderweg markiert. Für
die Sächsische Schweiz gibt es Karten im Maßstab 1:10.000 im Böhmverlag (www.boehmwanderkarten.de)
und im Maßstab 1:15.000 von der Sachsen Kartographie
GmbH, Dresden. Die einfachste Möglichkeit zur
Absolvierung der beschriebenen Wanderung ist
wahrscheinlich die 31. Auflage der Langstreckenwanderung
"Radeberg - Schrammsteine" im Herbst 2009.
Kurzer Nachtrag: Laut Zeitungsbericht der
Sächsischen Zeitung vom 30.09.08 starteten insgesamt 124
Wanderer auf der beschriebenen Tour (einige auch nur auf
den Teilstrecken 30, 25 und 15 km) , 14 waren schon am
Vorabend in Meißen losgelaufen und damit 100 Kilometer
unterwegs. Die Internetseite f-k-r.de funktioniert
zwischenzeitlich auch wieder. |