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Gastbericht auf www.4FunWeb.de

Der Inhalt dieser Seite und die Fotos stammen von Klaus Teuchert (alle Rechte vorbehalten). Der Betreiber der Website www.4FunWeb.de ist nicht für den Inhalt verantwortlich. Anfrage, Hinweise, Meinungen bitte senden an diese Email-Adresse. Den kompletten Bericht inklusive An- und Abreise gibt es als PDF-Datei zum Download. Hier folgt die leicht gekürzte Fassung mit Bildern vom Südteil bis zum Lac de Nino. Viele Bilder vom Nordabschnitt des GR 20 gibt es auf unseren eigenen Seiten. Die Bilder öffnen sich als extra Seite in einem eigenen Browserfenster. Dieses einfach schließen, um den Bericht weiter zu lesen. 

Korsika 2005 – GR 20 total

ein Reisebericht von Klaus Teuchert


 

Vom 09. bis 31. August 2005 reise ich mit André Carlowitz aus Lugau

auf die Mittelmeerinsel Korsika, wir wollen den bekanntesten Wanderweg Europas, den GR 20 (Grande Randonnée 20) von Süd nach Nord wandern,

sowie einige weitere Orte auf der Insel besuchen und haben drei Wochen Zeit dazu...

10. 08. In Bastia auf Korsika angekommen, holen wir in der Info einen Zug- und einen Busfahrplan, bei dem aber ein fortgeschrittenes Logistikstudium erforderlich ist, kurz, man blickt nicht durch. Wir bekommen trotzdem heraus, dass um 16 Uhr noch ein Bus nach Porto Vecchio in den Süden fährt, die nicht erkennbare Haltestelle soll der Post gegenüber liegen. Nach langem Suchen und wiederholtem Vorbeilaufen entdecken wir dann ein winziges Büro, dass die Fahrkarten für 21 € verkauft. Vorher gehen wir erst mal korsisch essen, Bruschettes de Bastiage für 7 €, eine große, leckere überbackene Weißbrotschnitte mit Schinken, Mozarella, Ziegenkäse und Basilikum, dazu ein 0,25 L Bierre de pression für 2,20 €, an die gehobenen Preise werden wir uns langsam gewöhnen müssen. Unser Bus ist fast voll mit Touristen, 5 davon wollen den GR 20 von Süden laufen, drei junge Studenten steigen in St. Lucie aus, wir werden sie nach zwei Wochen an der letzten Hütte wiedertreffen. Unterwegs sehen wir schöne Strände, Badebuchten und Steilküsten, Leuchttürme und natürlich ´unsere´ Berge, sehr dick mit Grün bewachsen, am Busfenster vorbeiziehen. Die Felsen haben im Süden eine helle Farbe, allerdings stecken zur Zeit alle Gipfel unter dickschwarzen Wolken, mal sehen, was uns erwartet. Mit 1 h 15 min. Verspätung kommen wir in Porto Vecchio an, der Anschlussbus zu unserem heutigen Ziel, Bonifacio ist um 19 Uhr lange weg, der Fahrer ruft noch bei uns im Bus an, aber wegen drei Leuten wartet er dann doch nicht. Am Hafen teilen wir uns mit einem Geschäftsmann ein Taxi die 45 km nach Bonifacio, er bietet an, wir sollen jeder 15 € zahlen, er zahlt den Rest von 35 €, der Bus hätte 7,50 € gekostet, also gibt es heute mal kein Abendessen. Wir lassen uns direkt am Campingplatz Araguina in City-Nähe absetzten und bekommen ein Fleckchen für unser 3 kg-Robens-Zelt zugewiesen, der Platz ist gerammelt voll Zelte, fast alles Franzosen und Italiener, es ist ja auch Hauptsaison mit Schulferien. Die anschließende Dusche ist schön kühl und nach anderthalb Tagen Anreise eine echte Wohltat.


11. 08. Nach einem Frühstück aus dem kleinen Markt am Hafen stellen wir den Ablaufplan für die nächsten Tage auf. Wir laufen die paar Minuten rein nach Bonifacio am Hafen vorbei in die schöne von Mauern umgebene Altstadt hoch über dem Meer. Hohe mehrstöckige Häuser stehen eng aneinander geschmiegt, in den schmalen Gassen wimmelt es von Touristen, Kneipe ist an Kneipe, dazwischen etliche Souvenirläden. Die Stadt wirkt wie eine Riesenburg, 80 m über dem Meer. Wir besuchen einen großen Friedhof, umwandern die ganze Oberstadt, die Felsen, auf denen sie ruht, bestehen aus sehr hellem Sandstein. Im Hafen besteigen wir ein Ausflugsboot, handeln den Preis von 14 auf 10 € runter und fahren aus dem mit Schiffen vollgestopften Naturhafen in die offene See. Wellen schlagen vorn ins Boot und Witz verzieht sich mit seiner heiligen 3kg-Wunderkamera aufs Hinterdeck. Wir fahren in die große Drachengrotte hinein, deren Deckenöffnung die seitenverkehrte Form Korsikas hat, die nächste, die Antoniusgrotte sieht aus wie ein großer Napoleonhut (Napoleon ist auf Korsika geboren). Wir sehen eine Öffnung im Felsen, durch die man unter Bonifacio durchtauchen kann. Vorbei am Ruder Korsikas, einer Felsformation, sowie einer schrägen Treppe vom Meer nach oben in die Stadt, nach der Sage erbaut von Sklaven des König Aragon in einer Nacht, umfahren wir den Sandkorn-Felsen. Nach 50 min. sind wir wieder zurück, die nächste Ladung Touristen wartet schon ungeduldig am Steg. Da wir noch baden wollen, laufen wir in den schmalen Weg kurz vor unserem Camp in 15 min. an die nächste kleine Strandbucht, in der auch viele Segel- und andere Boote liegen. Das Wasser ist klar und warm, wir schwimmen einige Runden, der Salzgehalt ist so hoch, dass ich ohne mich zu bewegen nicht untergehe. Seitlich führt ein Pfad vor zu einem sehr schönen Aussichtspunkt auf Bonifacio mit dem Hafen und der Altstadt. Zum Abendessen gehen wir in eine der vielen kleinen Hafenkneipen mit Freisitz, zum Menu mit Fisch und einigen sprachlichen Missverständnissen trinken wir eine Flasche korsischen Rotwein „La Roi du Marquis“, es schmeckt jedenfalls super und wir sind satt. Durch die vielen Touristen ist überall Hektik angesagt, die Kellner rennen sich den Wolf. Morgen in den Bergen wird es ruhiger werden. Gegen 23 Uhr liegen wir auf der Matte.


12. 08. 6 Uhr klingelt meine Uhr, wir bauen das Zelt ab und die Rucksäcke ein, bezahlt haben wir gestern schon 7,65 € pro Nacht für den Zeltplatz. Wir laufen zum 7 Uhr 30 - Bus nach Porto Vecchio, er hat 20 Sitzplätze, 19 Leute sitzen drin, strahlen uns an, und der Fahrer ist durchaus nicht bereit, noch zwei mitzunehmen, einer würde ja noch reingehen. Auch unsere Überredungskünste helfen nichts, der Bus fährt ohne uns ab, das bedeutet 5 Stunden Wartezeit auf den nächsten. Die Besichtigung der Altstadt auf dem Hügel Porto Vecchios fällt damit aus für uns. Unsere Trampversuche an der Ausfallstraße scheitern leider kläglich, niemand der vielen Autofahrer ist bereit, uns mitzunehmen, also zurück an den Hafen. Die Fahrkarten kaufen wir in einem kleinen Büro bei einem „freundlichen“ Verkäufer, die Haltestelle ist wie gehabt nicht gekennzeichnet. 12 Uhr 30 mit dem Mittagsbus erreichen wir endlich Porto Vecchio, laufen hinunter zum Hafen, dort soll die Haltestelle nach Bastia sein, der Anschlussbus nach Bastia kommt mit 45 min. Verspätung und bringt uns in kurzer Zeit zu unserem Ausgangspunkt der Gr 20-Wanderung, nach St. Lucie. 12 € kostet die Fahrt für die 60 km von Bonifacio nach St. Lucie. Hier trinken wir noch ein Abschiedsbier, im Buchladen stehen wohlgeordnet alle gängigen GR 20-Wander-karten. 15 Uhr geht es die Straße entlang hoch nach Conca (252 m), in zwei Stunden laufen wir die 6,5 km und 170 Höhenmeter. Es ist ca. 40°C heiß und als wir am Zeltplatz einlaufen, sind wir nass geschwitzt. Unterwegs unterhalte ich mich mit Fanny, einer 32jährigen französischen Tramperin, die hier ihren Sommer verbringt, wenn ihr Geld alle ist, geht sie arbeiten irgendwo, sie besucht in Conca das Grab von Verwandten. Nach einer heißen Dusche sitzen wir auf der gemütlichen Terrasse der Gite des Etapes am Camp La Tonelle, trinken einen Pastis und bringen die Memoiren des heutigen Tages der ewigen Warterei zu Papier. Ein Tag Bonifacio mit den Menschenmassen und den vielen Autos reicht uns. Die Übernachtung kostet hier 5 €, die Zelte stehen auf Terrassen zwischen großen schattenspendenden Bäumen und es gibt heiße Duschen. Zu unserem Pech findet heute Nacht hier eine große Party bis kurz vor 6 Uhr früh statt, mit Ohrstöpseln versuchen wir zu schlafen.


13.08. Nach dem Aufstehen um 6 Uhr frühstücken wir bei der „netten“ Kellnerin für 5 €, bekommen Baguettes, Butter, Marmelade und einen großen Cafe au lait vorgesetzt. 8 Uhr 30 starten wir zur großen Wanderung. Durch das kleine Dorf Conca (252 m), wo es heute zum Sonnabend keine offenen Läden, also auch kein Brot für unsere Tour gibt, gelangen wir an den südlichen Ausgangspunkt des GR 20 in 365 m Höhe. Nach den beiden letzten Tagen, in denen hier in den Bergen die Hölle mit Sturm und Regen los war, ist es heute wolkenlos und mit 32°C sehr heiß, die erste Etappe wird äußerst schweißtreibend. Vorbei an dicken Korkeichen, Feigenbäumen und einer ersten Wasserquelle gelangen wir auf dem vorbildlich mit weißroten Markierungen und Steinmännern versehenen Pfad 300 Hm hinauf zu einer eindrucksvollen Felsscharte Bocca d´Usciolu (587 m) mit Blick auf das Meer und unseren Weiterweg. Durch dichtes Macchia-Gebüsch schlängelt sich der Weg bis hinunter zum Punta-Pinzuta-Bach (540 m) mit mehreren Badegumpen, wir nehmen ein erfrischendes kühles Bad, treffen einige Wanderer, die sich ebenfalls erfrischen. Über den Bach geht es hinauf zu den Ruinen der Cabanes de Capellu (850 m), einer ehemaligen Bergerie, wo wir uns an einer kleinen versteckten Quelle laben und ein Päuschen machen. Unterwegs sehen wir an der Rinde verkohlter Kiefern, es brennt in Korsika leider öfter, meist durch die Unvorsichtigkeit von Touristen. Hoch zum Pass Bocca Villaghello auf 1040 m wandeln wir zwischen den hier typischen Felsgebilden umher, den berühmten Tafoni-Felsen, man kann viele verschiedene Figuren erkennen, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Steil geht es hinunter zum Bocca di Monte Bracciutu (920 m), wir erreichen endlich die Hütte Refuge de Paliri (1040 m), von hier hat man eine traumhafte Rundsicht mit Meeresblick, zu den Tafoni-Felsen, sowie den bizarren Laricio-Kiefern. Es gibt eine eiskalte Dusche, eine Quelle, die Matratzenlager sind gut belegt und es riecht drin wie in einem Puma-Käfig, wir haben zum Glück unser eigenes Schlafdomizil. Die Übernachtung im Zelt kostet 4 € pro Person. Witz holt aus der Hüttenküche einen Topf und kocht uns auf den Freiluft-Gaskochern zum Abendessen Tee. Wir dinnieren von unseren mitgebrachten Vorräten, jeder trägt am Anfang Brot, ca. 20 Riegel, 1 Salami, kleine Wurstbüchsen, Trockenobst, Nüsse und Schokolade, ein paar Teebeutel sowie Brausetabletten mit Vitaminen und Nährstoffen im Rucksack. Einen Kocher, Suppen, Teigwaren und Müsli haben wir nicht im Gepäck, zu schwer, es geht auch ohne. Brot und handgemachten leckeren Ziegenkäse sowie korsischen Rotwein kann man für teures Geld in fast jeder Hütte nachkaufen. Unsere jungen deutschen Nachbarn sind schwer mit Kochen beschäftigt, High-End-Expeditionsnahrung aus dem Outdoorladen, sie fragen uns dann noch, wo denn das Abwaschbecken ist. Hier oben ist es abends angenehm kühl, und 21 Uhr wird es stockdunkel, Zeit ins Zelt zu kriechen. Eine blutjunge Deutsche unkt herum, der GR 20 nach Norden wäre morgen wegen Sturm gesperrt, es kursieren noch Gerüchte über kommende Unwetter, wir beschließen, uns unsere eigene Meinung vom Wetter und dem Gr 20 zu bilden und nicht auf das Gerede zu hören.
1. Etappe : 11 km +1065 m / -295 m in 9,0 Std. (Pause 1,5 Std.)

 

14. 08. 6 Uhr aufstehen, 30 min. später beobachten wir einen Traum-Sonnenaufgang über dem Meer, 7 Uhr marschieren wir los, leicht bergauf, bergab durch Kiefernwald, dann steil hinauf zur Foce Finosa (1206 m) mit vielen schönen Tafoni-Felsen. Nach Überqueren des Volpajola-Baches (1020 m) wandern wir hinauf zur Straße, zum Col de Bavella (1218 m). In einem kleinen Laden kaufen wir zwei Brote, einen Käse, einen Liter Milch, eine kleine Wurst, Trockenpflaumen und getrocknete Aprikosen für 23 €, ein wirklich stolzer Preis. An der Passstraße parken viele Autos, und auf unserer folgenden schweren alpinen Variante des GR 20 durch die Dolomiten Korsikas, das Bavella-Massiv, werden wir etlichen Tagestouristen begegnen. Am Einstieg steht eine weiße Marienstatue, kurz danach teilt sich der Weg, wir wählen die rechte anspruchsvolle Klettervariante mit vielen Ausblicken. Das Wetter ist heute wieder sehr sonnig, ab und zu bläst dazu ein kräftiger Wind, der uns den Schweiß trocknet. Der Felspfad geht steil hinauf, über Grate, wieder hinab, an einer Stelle muss eine schräge Felsplatte mit Hilfe einer Kette überwunden werden. Vorbei an den vier Bavella-Türmen geht es schließlich hinauf auf einen Sattel in 1665 m Höhe. Einer der Türme kann auch von Nicht-Kletterprofis bestiegen werden. Von hier führen uns die beiden gelben Markierungen hinab in steilen Kehren bis zum wieder weiß-rot markierten Hauptweg des GR 20, wo auch gleich Wasser aus mehreren Quellen und Bächen zu finden ist. Aufwärts gelangen wir mit einem kurzen Badestop in einer Gumpe zur Refuge d´ Asinao auf 1540 m. Hier herrscht voller Trubel, alle guten Plätze sind schon reserviert, wir müssen mit einem Notplatz, voll dem Wind ausgesetzt, vorliebnehmen. 18 Uhr 30 geht hier die Sonne unter, durch die ständigen Windböjen ist es recht kühl. Wir essen im Zelt, gehen zeitig schlafen, nachts rütteln heftige Windstöße am Zelt, welches wir teilweise mit Steinen sichern mussten.
2. Etappe : 10 km +1150 m / -665 m in 10,0 Std. (Pause 1,5 Std.)

 

15. 05. Es ist sonnig mit einigen Wolken, heute steht uns die schwerste Etappe im Südteil bevor. Wir gehen 7 Uhr los, 600 Hm Serpentinen hinauf auf den 2134 m hohen Monte Incudino, das große Betongipfelkreuz steht auf einer riesigen Granitplatte. Wir stehen auf einem der schönsten Aussichtsberge Korsikas, haben gute Sicht über fast die gesamte Insel, sehen im Norden die höchsten Gipfel, die uns noch bevorstehen. Weiter geht es bergab zum Col de Luana, dann durch einen Wald mächtiger Buchen vorbei an den Ruinen des Refuge de Pedinielli hinab zum tiefsten Punkt auf 1440m, der Hängebrücke über den Casmintelluet de Monte Tiguosu. Sie besteht aus einzelnen Brettern mit Stahlseilen verbunden und schaukelt beim Betreten gewaltig, zum Gaudi der Gäste des weißen Imbisszeltes direkt daneben. Wir lassen uns nicht aufhalten, auf einer Forststraße und Waldwegen geht es über eine hügelige Hochebene mit einigen malerischen Bachtälern. In den Wäldern liegen viele abgestorbene Bäume herum, ein Jeep der Forstverwaltung, bzw. Naturpark-Ranger kommt uns auf einem extrem steilen, steinigen Pfad entgegen. An einer Quelle vorbei führt uns der Weg hoch über die Waldgrenze zu einer Felsscharte, wir haben herrlichen Ausblick auf die Ostküste und das weite grüne Taravo-Tal mit einigen Orten. Ab hier beginnt der „Denkmalsgrat“ mit vielen Felsstatuen, es geht immer rauf und runter, der Weg quert mehrmals den Gipfelgrat und den Punta di a Scadatta (1836 m), am Ende des heutigen Tages eine kräftezehrende Belastungsprobe für uns. Von weitem sehen wir unsere Usciolu-Hütte (1805 m), die wir nach insgesamt 11 Stunden Wanderung erschöpft erreichen. Witz geht gleich einkaufen, Brot und Ziegenkäse, wir kochen Tee und abendbroten im Freien am Tisch mit jungen Franzosen. Nach einem kurzen Regenschauer sitzen wir wieder draußen vor dem Zelt, beobachten die rosa Wolken und das örtliche Panorama der Berge, es ist windstill und lässt sich aushalten hier in 1800 m Höhe. Die Zeltplätze liegen auf Bergterrassen an der Hütte, sind viel größer und besser als an der Asinao-Hütte, es gefällt uns prima hier.
3. Etappe : 16 km +1070 m / -980 m in 11,0 Std. (Pause 2,0 Std.)

 

16. 08. Früh ist wieder wolkenlos, ab 10 Uhr erscheinen die ersten weißen Wölkchen, ab Mittag ist es dann bedeckt mit Sonne, ab 17 Uhr wieder voller Sonnenschein. Heute findet der Denkmalsgrat seine Fortsetzung in einer Gratwanderung zwischen 1500 und 2000 Hm. Wir klettern hinauf zur Bocca di a Formicula (1950 m), der Weg zieht sich zwischen den Felsspitzen hindurch in ewigem Auf und Ab. Später windet sich unser Pfad hinunter zu einer privaten Hütte, der Refuge de San Gavino (1550 m), dort befindet sich auch die einzige Quelle des heutigen Tages. Es sind vier ältere Herren anwesend, machen einen gemütlichen Eindruck auf uns. Ein Stück weiter an der Bocca di Laparo kreuzt auf 1525 m Höhe der Fernwanderweg Da Mare a Mare Centre, der die Ostküste mit der Westküste verbindet. Von hier geht unser Weg wieder bis 2000 m hoch. Ständig am Grat auf grobem Geröll auf und ab, links im Tal ragt der Rocher de la Penta, der „Zuckerhut“ auf, am Punta di Campitello (1937 m) vorbei steigen wir bis zum Fuß des Punta della Capella (2041 m), den ich auf riesigen Steinplatten noch im Alleingang bis zum Holzkreuz besteige und die wunderbare Aussicht genieße. Von weitem sehen wir schon die Refuge de Prati (1840 m) auf einer schönen grünen weiten Hochebene liegen, die Zeltwiese ist sehr weich und dieser Platz bisher unser bester. Nach dem Zeltaufbau und dem Duschen in der steinernen Kabine, wie immer eiskalt, wasche ich Wäsche, mir sterben bald die Hände dabei ab. Dann liegen wir vorm Zelt auf der Isomatte in unsere Schlafsäcke gemummelt, kosten erstmals in den Bergen den korsischen Rotwein, den wir vom Gardien abgefüllt aus einem Fass für 6 € die Flasche bekommen und genießen den sonnigen Tagesausklang mit weitem Blick auf die Ostküste und das flache Gebiet des Fium ´Orbu. Eine ruhige Nacht, aus dem Tal glitzern tausende Lichter der Städte herauf. Im Laufe des heutigen Tages sind uns 74 Wanderer entgegen gekommen, teilweise aber ohne schweres Gepäck, in unsere Richtung sind wir (fast) immer allein unterwegs.
4. Etappe : 11 km +825 m / -735 m in 8,5 Std. (Pause 1,5 Std.)

 

17. 08. Sonnenaufgang über der großen Ebene Fium Orbu, wir wandern viertel nach 7 los, ein wolkenloser Tag erwartet uns. Wir gehen hoch zur Bocca d´Oru (1855 m) und von hier in Serpentinen hinab auf eine traumhafte Lichtung, ich komme ins Schwärmen und Singen. Weiter zur Straße, am Pass Col de Verde (1289 m) machen wir eine Stunde Pause an der Gaststätte, kaufen ein, frühstücken, trinken einen Cafe au lait. An der Decke hängt ein schöner frischer Knoblauch-Zopf, da unser Knobi alle ist, frage ich auf deutsch, ob ich einen kriegen kann, das junge Barmädchen nickt, ich zücke mein Messer, steige auf einen Stuhl und schneide einen ab, lege ihn auf den Tresen und frage, was er kosten soll. Die Bedienung ist jetzt entsetzt, es wäre doch nur Dekoration und ich soll ihn ja schnell verschwinden lassen. Vielen Dank. Dafür ist hier der Ziegenkäse mit 9 € „etwas“ überteuert. In der feinen Toilette unterhalb der Kneipe gibt es ein Sitzbecken, Wasserspülung, Waschbecken, Papier und Seifenspender, nobel. Der Weiterweg führt meist gerade oder leicht ansteigend an Riesen-Tannen bis 6,30 m Umfang und bis 55 m Höhe vorbei über die neue stabile Holzbrücke des Marmano-Baches (1390 m) und weiter nach oben zum Plateau de Gialgone (1591 m). Wir spazieren unter Erlen und Buchen, an Farnen und mächtigen Laricio-Kiefern vorbei, deren dicke Äste meist nach einer Seite zeigen. Eidechsen huschen massenhaft zwischen unseren Beinen durch. Wir überqueren einige Bäche, in einen gehen wir an einer Holzbrücke kurz baden, bei 5°C sind nur ein paar Sekunden drin. Durch dichten Wald erreichen wir eine Straße, laufen über eine Brücke, klettern danach links steil hoch auf felsigem Pfad zu den verlassenen Bergeries de Tragette, wo wir eigentlich frische Milch kosten wollten. Im Hintergrund thront der 2352 m hohe Monte Renosu, im Tal hört man die Adler schreien. Nach weiterem kurzem Felsenaufstieg erreichen wir unser Ziel für heute, die große Ski-Gaststätte, die Refuge de Capanelle auf 1620 m Höhe, umgeben von Skiliften und Abfahrtspisten. Jetzt im Sommer in der Hitze schwer vorstellbar, dass es hier einen Winter mit Schnee geben soll, Bilder in der Hütte belehren uns eines besseren. Seit langem genießen wir wieder mal ein süffiges Fassbier. Die Zeltplätze unmittelbar an und 20 m oberhalb der Hütte sind kostenlos, wir errichten vor der kleinen Steinhütte mit Schlafplätzen und einer kleinen Küche, sowie einem kleinen Duschhäusel auf der winzigen steinigen Wiese unser Innenzelt neben einigen anderen Campern. Der Himmel ist seit früh immer noch wolkenlos. Leider erwischte mich heute vormittag eine böse korsische Hexe am Rücken, ich kann mich kaum noch bewegen und so wird trotz aller Naturwunder die Tour zur Tortur für mich. Ich hoffe auf baldige Besserung und renne eben zur Zeit wie ein Roboter herum mit meinem steifen Kreuz.
5. Etappe : 16 km +655 m / -850 m in 10,0 Std. (Pause 2,5 Std.)

 

18. 08. Das Aufstehen und Einpacken meiner Sachen gestaltet sich zu einem schmerzvollen Kampf, mein Rücken ist nicht besser geworden. Bei leichten, uns aber nicht nass machenden Regenschauern geht es hoch zur Straße und zu den Bergeries de Scarpaccedie (1450 m), wo eine alte Frau auf unsere Frage nach Milch den Kopf schüttelt. Auf leichten Waldwegen überqueren wir mehrere Bäche, erreichen die Hochebene Crete de Cardo (1515 m) mit gutem Rundblick, laufen weiter zu den schmucken Bergeries d´Alzeta (1553 m), an der ein alter Mann mit einer Machete Holz bearbeitet und auch keine Ahnung hat, wie frische Milch aussieht. Also frühstücken wir ohne Milch, dafür mit gutem frischen korsischen Quellwasser. Leicht bergauf führt der Pfad zum Sattel Bocca Palmente auf 1640 m, wo wir uns dann von den südlichen Bergen Korsikas verabschieden. Wir blicken vorwärts, ins Tal hinunter nach Vizzavona (920 m), das wir auf ruhigen, abwärts führenden Waldwegen bald erreichen. 100 m rechts nach dem Bahnhof liegt etwas versteckt ein kleiner Zeltplatz mit weit auseinander liegenden Plätzen im Wald, mit zwei super WC-Sitzbecken-Dixis und zwei Dusch-Dixis, das alles für 3 €, ein guter Preis. In Vizzavona gibt es einige wenige Touristen, Autos fahren herum, werden geparkt, viele fahren mit der Eisenbahn von hier auf abenteuerlichen Strecken nach Ajaccio, der Inselhaupstadt oder wie wir morgen, nach Corte, einer schönen Bergstadt. 14 Uhr sitzen wir im Bar-Restaurant de la Gare gegenüber dem Bahnhof, essen Spaghetti mit Rindergulasch, gut gewürzt mit Knobi zubereitet, dazu ein erfrischendes Kastanienbier Pietra, danach einen Cafe au lait und einen Pastis aus Korsika, ein preiswertes Anisschnapsgetränk, das wir im Glas mit Eiswürfeln und Wasser genießen. Nach einem kleinen Mittagsschläfchen im Zelt duschen wir, waschen Klamotten. Abends gehen wir noch bischen meinen Geburtstag feiern in unser Stammlokal, der Pastis kostet hier nur 1 €, der freundliche Kellner gibt uns sogar noch zwei aus.

6. Etappe : 15 km +230 m / -915 m in 6,0 Std. (Pause 1,0 Std.)


19. 08. Ruhetag. Ausschlafen. Auskurieren.

20. 08. 6 Uhr 30 beginnen wir den nördlichen Teil des GR 20, verlassen Vizzavona und den Glanz vergangener Zeiten und laufen auf breitem Weg hinauf zu den Cascades de Anglais (1100 m), den kleinen Wasserfällen des Agnone-Baches. An einem Waldkiosk vorbei geht es erst durch den Wald, später im Freien aufwärts durch viele Erlenbüsche an klaren Badegumpen vorbei über mehrere kleine Holzbrücken ins Agnone-Hochtal hinauf. Am Anfang über Geröll, später auf großen Steinplatten kletternd, erreichen wir den Sattel Crete de Muratello auf 2020 m Höhe. Der Himmel ist bewölkt und die Sonne zeigt sich kaum, deshalb ist mit dem Fotografieren heute nicht viel. Der lange Aufstieg von 1160 Hm fällt uns relativ leicht, wir machen ausreichend Erholungs- und Genießerpausen. Wir umlaufen seitlich den Berg Monte d´ Oro (2389 m) und sehen ab dem zweiten Grat den Zweithöchsten Korsikas vor uns, den Monte Rotondo (2622 m), den man auch von der nächsten Hütte aus besteigen kann. Es geht jetzt in Kehren wieder hinunter zur Hochweide mit der Refuge de l´Onda (1430 m). Mehrere feste Gebäude stehen neben einem Zeltplatz (wegen der fressgierigen Schweine eingezäunt) mit Kochgelegenheiten, Abwaschbecken, Toiletten und Duschen. Der Gardien, seine Frau und zwei Töchter halten hier eine ganze Arche Noah, Pferde, Maultiere, Kühe, viele Schafe und halbwilde Schweine mit vielen Jungen, denen wir hier erstmalig begegnen. Ein paar Hütehunde gehören dazu. Wir kaufen ein Weißbrot (4 €), einen Ziegenkäse (6 €) und 0,7 L offenen Rotwein (6 €). Abends fängt es an zu regnen, die ganze Nacht durch. Mein eingeklemmter Nerv ist nach der Behandlung besser geworden, es macht wieder Spaß, zu wandern und die Natur zu genießen.
7. Etappe : 10 km +1160 m / -705 m in 8,0 Std. (Pause 1,5 Std.)


21. 08. Auch früh regnet es noch, wir beschließen, heute die Talvariante zu wandern, weil auf der Bergetappe und den Graten im Schneeregen, Nebel und Sturm nichts zu sehen sein wird, was wir später am Abend auch von zwei durchnässten, verfrorenen unglücklichen Deutschen, die diesen Weg liefen, bestätigt bekommen. Wir nehmen uns Zeit, packen unsere Rucksäcke im Zelt, ziehen uns regenfest an. Als wir 8 Uhr 30 loswackeln, hat der Regen aufgehört, auch gut oder besser sehr gut. Im Wald geht es leicht bergab bis zu einer Holperpiste, wo ein Jeep steht und für die Onda-Hütte vorgesehene Güter auf Esel verladen werden. In diesem Tal gibt es viele Feuersalamander, die in der Kühle recht träge auf dem Wanderweg umherkriechen, man kann sie leicht in die Hand nehmen und streicheln, soviel auf einmal hab ich sonst noch nie gesehen. Am tiefsten Punkt (940 m) führt eine Brücke über den Manganella-Bach, auch laden viele Gumpen zum Baden ein, angesichts des durchwachsenen Wetters verzichten wir jedoch. Kurz darauf erreichen wir die bewirtschaftete Bergerie de Tolla (1010 m), wo wir bei Regen unter einer Plane am Tisch einen frischen Ziegenkäse mit Zucker für 8 € zusammen mit zwei anhänglichen Katzen und einem Husky verdrücken. Auf einen Liter Tetrapackmilch aus dem Supermarkt für 6 € verzichten wir. Als es nach 45 min. aufhört zu regnen, laufen wir weiter auf einem alten Steinweg bergan in eines der beeindruckendsten korsischen Bergtäler hinein. An schönen Wasserfällen und Badebecken des Manganella-Baches vorbei queren wir ihn schließlich und steigen auf teilweise von Einheimischen errichteten Steinplattenpfaden in Serpentinen hoch zur Bergerie de Gialgo (1610 m). Kurz darauf stehen wir auf dem Hochplateau der Refuge de Petra Piana in 1842 m Höhe. Bei unserer Ankunft reißt die Wolkendecke auf, die Sonne lacht uns an, wir haben Zeit, vor dem Aufbau unser nasses Zelt zu trocknen und mit Nahtdichter zu behandeln, da es heute früh an einer Stelle reintropfte. Die Hütten der Petra Piana bieten eine herrliche Aussicht auf die korsischen Berge und Täler. Nach einer Stunde ist allerdings der ganze Zauber wieder in dicken Wolken verschwunden und der Blick wird wieder vernebelt. In der Hütte essen wir Abendbrot aus dem Rucksack, kochen uns Tee dazu. Inzwischen ist draußen die Hölle los, es schüttet ohne Ende. Wir verkriechen uns ins Zelt, von dessen Decke es noch immer tropft und an dessen einer Ecke jetzt das Wasser reinläuft, zum Glück läuft es an der anderen wieder raus, sodass wir auf unseren Isomatten trocken bleiben. Ca. bis Mitternacht dauert der Regen, dann wird es still, dafür hören wir 4 Uhr lautes Grunzen, Schmatzen und das Trappeln vieler Eisbeine, die Schweine sind da, sie lassen unser Zelt aber in Ruhe, da wir alle Fressalien in einen wasserdichten und geruchsdichten Packsack eingerollt und im Innenzelt untergebracht haben. Der Hund des Gardiens versucht sein Bestes, sie zu verjagen. Sein Herr hielt es übrigens nicht für nötig, im Regen die Zelte abzukassieren, auch gut, wieder Geld für ein Bier in der Reisekasse.
8. Etappe : 11 km +905 m / -440 m in 7,0 Std. (Pause 2,0 Std.)


22. 08. 7 Uhr 30 laufen wir los zu den berühmten Bergseen, es ist alles voller Wolken, doch ab und zu bläst sie der Wind beiseite, sodass wir die Umgebung betrachten können. Es geht steil hoch zum Col de la Haute Route auf 2210 m, mittelschweres Klettern auf größeren Felsblöcken ist angesagt, weit schwieriger als an den letzten beiden Tagen. Vom Col de Rinosa (2170 m) aus sehen wir die ersten beiden Seen, der größere der Lac de Rinoso, hier gibt es einen kleinen wunderschönen grünen Biwakplatz. Der Weg führt weiter zur Bocca Rinosa (2150 m), wir sehen den Lac de Melo mit einer Hütte am Ufer. Über größeres Geblöck kraxeln wir südlich zur Bocca a Soglia (2050 m), es herrscht meist Nebel, wir befinden uns in den Wolken und die Sicht beträgt 10 m, was aber bei den vielen GR 20-Markierungen zur reinen Orientierung ausreichend ist. Von hier oben zweigen an zwei Stellen Wege talwärts zu den Seen ab, man könnte von hier auch direkt bis Corte absteigen. Aufwärts zieht sich der Pfad zu einer Scharte (2000 m) und weiter hoch auf großen Felsplatten (Schwierigkeit teilweise II) erreichen wir unseren Scheitelpunkt, die Breche de Capitello (2220 m) über dem gleichnamigen Lac de Capitello. Weit unten im Tal erkennen wir mit dem Fernglas am Ende einer Stichstraße viele geparkte Autos an der Bergerie de Grottele, dort beginnt der normale Touristenaufstieg zu den drei Bergseen. Ab jetzt führt der Pfad steil geröllig nach unten, in 1800 m Höhe queren wir ein romantisches grünes Hochtal, Schottland lässt grüßen, erreichen auf exakt 1600 Hm unser heutiges Wanderziel, die Manganu-Hütte. Hier unten scheint wieder die Sonne, wir verpacken unsere warmen Klamotten. Beim Hüttenwirt bezahlen wir den üblichen Campingobulus von 4 €, erwerben zwei kleine Baguettes für je 2,50 €, ca. 250 g Schweinssalami für 8 €, außen dick verschimmelt, aber innen total lecker. Auch leisten wir uns jeder ein 0,33er Kronenbourg-Dosenbier á 3 €, es schmeckt „den Umständen entsprechend“ lecker. Wir unterhalten uns mit einem französischen Pärchen, die Frau spricht ausgezeichnet deutsch. Von unserem Biwakplatz aus haben wir Ausblick auf ein weites Tal, die Berge und die Bergerie de Vaccaghia, an der wir morgen vorbei kommen. Die Sonne scheint zwischen einigen wenigen Wolken, alles ist happy und wir freuen uns, den gestrigen Regen im Zelt und den heutigen Nebeltag gut gepackt zu haben. Nur ganz oben auf den Bergspitzen, die hinter uns liegen, ist alles wie am Tag zuvor in graue Wolken gehüllt. Witz kocht noch für uns Tee, wir essen von unseren Vorräten, es gibt die letzte Dose Thunfisch. Am späten Abend weisen Windstille und ein schönes Abendrot auf beständiges gutes Wetter morgen.
9. Etappe : 10 km +550 m / -790 m in 8,0 Std. (Pause 2,0 Std.)


23. 08. Es ist wolkenlos, wir starten zur leichten 13 km-Etappe wenig bergab, bergauf über die Campotile Ebene (1540 m) zur großen Bergerie de Vaccaghia (1620 m), dort stehen viele Zelte, der Gardien melkt gerade seine Ziegen. Durch ein grünes Tal mit dicken bizarren Buchen und niedrigen Erlenbüschen geht´s leicht aufwärts zu einer riesigen Hochebene, auf der Kühe und Pferde weiden, am Wegesrand forkeln halbwilde Schweine durch den Boden, um essbare Wurzeln, Würmer und dergleichen zu finden, sie lassen sich nicht groß von uns stören, beachten uns nicht, wenn ich allerdings zu nahe komme, rennen sie quiekend fort. Am Ende des Wiesenplateaus liegt der große See Lac de Ninu (1740 m), wir umlaufen ihn rechts, lassen es uns an seinem Gestade gut gehen. Hierher zieht es viele Tagestouristen, die Straßenverbindungen sind nicht weit. Vom See zieht sich der GR 20 hoch zum Sattel Bocca a Reta (1880 m), von hier aus können wir endlich die Grande Barriere mit den höchsten Bergen Nordkorsikas einsehen. Von links der Capu Tafunatu (2335 m) mit dem Loch des Teufels, 35 m breit und 12 m hoch, die „schräge“ Königin der Berge, die Paglia Orba (2525 m), der Punta Minuta (2556 m) und der Monte Falo (2549 m). Der höchste Berg Korsikas, der Monte Cinto (2706 m), der Capo Bianca (2554 m) und der Capu a u Verdatu (2583 m) schließen sich bis nach Nordosten an. Auf einem gut ausgebauten Panoramaweg wandern wir um spitze Berggrate herum hinunter zum Wegkreuz Col de Saint-Pierre mit kleiner Kapelle (1450 m), wir sehen einige malerische, vom Sturm gebeugte Buchen. Weiter abwärts gehts durch den Wald auf einem die Hügel auf einer Höhe umlaufenden Weg. Zum Hotel Castellu de Verghio müssen wir noch kurz und heftig steil hoch, erreichen die Straße und unseren umzäunten Zeltplatz am Hotel in 1410 m Höhe. Campen kostet hier 6 €, aber durch durch die dickstrahligen heißen Duschen auf dem Platz werden wir köstlich entschädigt. Nach dem Einrichten und Wäsche waschen sitzen wir am Zelt, genießen die heiße Sonne und betrachten die von dicken Wolken eingehüllten Berge um uns. Neben dem Hotel befindet sich ein Schlepplift, die vorbeifahrenden Autos halten sich in Grenzen, ich hatte mir das Zelten im „Affenkäfig“ schlimmer vorgestellt. Später gehen wir in den Mini-Laden in der Hotelbar, Vorräte nachkaufen und zu Abend dinnieren wir im Speisesaal des Ski-Hotels. Es gibt ein Einheitsmenü für 15 €, wir begnügen uns mit dem Hauptgericht, einem Riesenteller Ravioli mit Pilzgulasch für 10 €, es mundet ausgezeichnet, wir sind übersatt, trinken noch jeder ein Viertele korsischen Roséwein (je 4 €). Die Nacht ist sehr ruhig, trotz Straßennähe stört kein Auto, nachts bewacht die Zeltplatzkatze unseren Schlaf.
10. Etappe : 13 km +385 m / -615 m in 7,5 Std. (Pause 2,0 Std.)


24. 08. 7 Uhr laufen wir den Alternativweg parallel zum GR 20, die Autostraße hoch zum Kiosk und zur Frauenstatue auf dem Col de Verghio (1480 m). Hier sowie auf dem folgenden Zubringerweg zum GR 20 hat man gute Panoramablicke, z. B. zum 12 km entfernten Stausee von Calacuccia. Wir erreichen die Bergerie de Radule (1440 m), sie schmiegt sich voll in die schöne Felslandschaft ein. Hier treffen wir auch wieder auf den Hauptwanderweg. Wir kommen zur Cascade de Radule (1370 m), einem schönen Wasserfall, es folgen einladende Badegumpen. Rechts hinauf zieht sich der Weg in ein allmählich ansteigendes Hochtal, das Golo-Tal, an dessen Ende auf 2000 Hm schon die Refuge de Ciuttulu di i Mori zu sehen ist, sowie unterhalb der Hütte die verlassene Bergerie de Tula (1700 m). Unterwegs gibt es viele ineinander übergehende Felsgumpen, die zum Baden und Verweilen einladen, sehr schön anzusehen sind und wir haben es schwer, dürfen nicht zu lange zu pausieren, weil es eine lange Etappe heute ist. Der Weiterweg steigt kurz steil links hoch, um an einem kleinen Sattel den Blick auf die Westküste freizugeben, weiter geht es gerade vor zur Mori-Hütte mit den beiden „freundlichen“ Gardiens. Genau über der Hütte thront rechts die Paglia Orba, die Königin der korsischen Berge und links der Capu Tafunatu mit dem Auge des Teufels, einem großen Loch im Felsen. Man kann beide Berge relativ einfach besteigen, muß aber dazu noch einen Tag hier verbringen, wir begnügen uns mit dem Anblick von unten aus. Nach einer Stunde Erholung laufen wir über einen Hügel hinunter zum Sattel Bocca di Foggiale (1960 m), ab hier geht es echt steil hinab an der steinigen Flanke der Paglia Orba bis auf 1440 m hinunter. Der Pfad ist schwierig, teils über schartige Felsrippen, Geröll und große, schräge Steinplatten. Unten taucht der Weg in den Wald ein, traversiert den Fluss Ravin de Paglia Orba und einige kleinere Bachtäler und endet für uns heute in der wunderschönen Bergerie de Ballone/Vallone (1440 m). Uns begrüßt ein junger freundlicher Gardien herzlich, aus der Küche duftet es nach Gebackenem, wir schlagen unser Tipi innerhalb eines der Steinkreise auf, in denen hier die Zelte stehen, hier soll es auch massig gefräßige Schweine geben, wir hören nachts aber keine. Erstmals kosten wir ein kaltes süffiges korsisches Hefeweizenbier namens Colomba, ans Maisel kommt es nicht ran, aber man kann es trinken, es schmeckt gut (3 € der viertel Liter). Das Zelten kostet 3,50 € und zum Abendessen bestellen wir uns ein Omelett mit Schinken bzw. Ziegenkäse für 5 €. Leider hat der Küchenchef kein Brot mehr zum verkaufen übrig, es ist eine Reisegruppe da, sie bekommen Isomatten und Zelte gestellt und ein feines Abendbrot mit „unserem“ Brot vorgesetzt. Gleich unterhalb der Bergerie liegt das wunderschöne kleine Flußtal des Stranciacone mit einigen Badebecken in Form von Badewannen. 20 Uhr gehen wir schlafen, da morgen der härteste Tag des GR 20 vor uns liegt
11. Etappe : 16 km +800 m / -745 m in 9,0 Std. (Pause 2,5 Std.)


25. 08. Die Königsetappe beginnt für uns punkt 6 Uhr in der Morgendämmerung. Es geht aufwärts an der modernen, neu errichteten Thighiettu-Hütte (1640 m) mit sehr wenigen winzigen Zeltplätzen vorbei auf gerölligem, grobfelsigem Pfad, der sich in der Kühle des Morgens aber gut angeht, bis hinauf auf den Felssattel Bocca Minuta (2218 m). Wir steigen als erste heute in den berühmten Cirque de Solitude hinunter, fast senkrecht geht es hinab in die dunkle Steinschlucht, an zwei Stellen sind Kettensicherungen und eine Eisenleiter im Fels verankert. Am unteren Scheitelpunkt auf 1970 m Höhe geht es dann wieder senkrecht nach oben zur Felsscharte Col Perdu (2183 m), zuletzt wieder mit Ketten gesichert, beim Aufwärtsklettern ist es aber nicht unbedingt nötig, sich hier festzukrallen. Von oben kommen uns die ersten GR 20-Nord-Wanderer entgegen, wir schaffen es gerade noch aus dem Hexenkessel heraus. Sehr steil und auf rutschigem Geröll klettern wir hinab zur Ruine der Refuge d´Altore mit einer kleinen Quelle und einem Mini-See, hier ist es jetzt verboten, zu biwakieren. Weiter unten suchen wir den Aufstieg des alten GR 20, der über die Berggrate des Punta Culaghia und der Bocca Culaghia in ca. 2000 m Höhe entlangführt. Der neue kommerzielle Weg leitet die Wanderer jedoch hinunter nach Haute-Asco (1420 m) mit seinem Riesenparkplatz, dem Hotel, einem kleinen Camp an der Straße und vielen Tagestouristen und es wird auch großer Wert darauf gelegt, den alten Weg nicht mehr zu favorisieren. Um die 600 Hm hinab und morgen wieder herauf zu umgehen, werden wir heute biwakieren müssen. Wir gehen links einen Pfad zu zeitig den Hang hinauf, wollen zur großen Felsscharte des vorgelagerten Gipfels, müssen ein Stück durch das Erlengestrüpp und auf einem wilden Geröllhang hoch klettern. An der Scharte angekommen, merken wir, dass wir hier falsch sind, wir haben zwar eine Superaussicht, die richtige Felsscharte aber liegt weiter oben und dazwischen gähnt uns ein tiefes Tal an. Mit meinem Fernglas sehe ich unterhalb die weiß-roten Markierungen des alten GR 20, wir steigen wild ab und gehen jetzt den richtigen Weg zur richtigen Scharte (2035 m), +/- 100 Hm und eine Stunde zusätzlich hat uns der Umweg gekostet, gerade noch zu verkraften, hätte schlimmer kommen können. Die weißen Markierungen des alten Weges sind an beiden Einstiegen nicht zu erkennen, wurden wahrscheinlich absichtlich entfernt, damit keiner mehr hier lang läuft. Oben erwartet uns dicker Nebel, obwohl den ganzen Tag azurblauer Himmel war, wir tappen eine Stunde von Zeichen zu Zeichen, klettern in den Wolken auf den Gipfel der Bergkette (2025 m) , es geht immer leicht bergauf und -ab. Kurz vor dem Zusammentreffen der beiden GR 20 zieht es auf und wir sehen die entfernten Berge in Wolken. 30 m laufen wir hoch bis zum Sattel Bocca di Stagnu (1980 m), dort erwartet uns eine Riesenüberraschung, die gesamten Hauptgipfel sind zu sehen, wunderbar wolkenumrahmt, eine Fotosession ohne Ende beginnt, wir schweben. Unten ist das Hotel Le Chalet von Haut-Asco (1420 m) zu sehen, der Zeltplatz gut gefüllt. Ein letztes Mal noch müssen wir aufsteigen, den sechsten Aufstieg für heute zur Felsscharte im Muvrella-Massiv (2025 m), ab hier geht es nur noch hinab, aber der Weg verlangt noch mal volle Konzentration von uns, nach 12 Stunden Wanderung nicht so einfach. Endlich angekommen am Ufer des trübgrünen Sees Lac de Muvrella (1840 m), wir genießen den herrlichen Sonnenuntergang, den blauen Himmel, die Berge, die von Wolken umflossen werden. Wir bauen unser Zelt auf, essen das letzte Brot und sinken erschöpft, aber glücklich in unsere Schlafsäcke. Im Tal am westlichen Meersufer gehen die Lichter von Calvi an, bei uns gehen sie aus.
12. Etappe : 13 km +1425 m / -1000 m in 12,5 Std. (Pause 3,5 Std.)


26. 08. 6 Uhr 30 steigen wir abwärts über große Felsplatten ins Spasimata-Tal, weiter unten mehrmals an glatten Stellen mit Seilen versichert, die aber bei trockenem Wetter ignoriert werden können. An der tiefsten Wegstelle (1220 m) führt uns eine stabile Stahlhängebrücke sicher an das rechte Ufer des Baches, bis zur Carozzu-Hütte (1260 m) sind es nur noch ein paar Schritte. Hierher führt auch der Alternativeinstieg zum GR 20 von Bonifatu (540 m) aus herauf für die Wanderer, die die schwierige zweite Etappe weglassen. Aus unserem geplanten Frühstück und Brotkauf an der Hütte wird leider nichts, weil uns die junge impulsive Hüttenbetreuerin primitiv beschimpft, weil wir am Lac de Muvrella genächtigt hätten, obwohl sie es gar nicht wissen konnte, auch steht oben kein Verbotsschild am See. Witz, wir gehen, als erfahrene Bergwanderer müssen wir uns das nicht sagen lassen. Ohne Brot, aber mit etwas Wut im Bauch steigen wir die nächsten Stunden in vielen Kehren empor zum ersten Sattel Bocca ou Innominata (1890 m), machen unser Frühstück an einer verlassenen Hüttenruine am Weg. Hier oben liegt ein bizarres Felsenamphitheater, der Cirque de Bonifatu, den wir anschließend umrunden werden. Die Felsformationen hier oben im Norden bestehen aus Vulkangestein, eine vielseitige zergliederte bizarre Landschaft liegt vor uns. Es geht steil bergauf, auf teilweise happigen Kletterpassagen geht es um die Vulkanfelsen herum, ständig hoch und runter, wir kommen ins Schwitzen, ebenso die uns entgegenkommenden GR 20-Einsteiger, alle noch ein bisschen blässlich, aber meist gut drauf fragen sie, wie weit es noch bis zur Carozzu-Hütte ist. Einen guten Aussichtspunkt erreichen wir mit der Bocca Pisciaghia (1950 m), gehen am östlichen Hang der Punta Ghialla entlang und erreichen nach Überqueren eines breiten Geröllhangs unseren Abstiegssattel am Capu Ladroncellu in 2050 m Höhe. Wir genießen letztmalig den wolkenlosen Blick auf die höchsten Berge des Nordens, die Paglia Orba mit dem von hier aus an das Matterhorn erinnernden Capu Tafunatu, sowie den Höchsten, den Monte Cinto. Wir beginnen den Abstieg ins Tal zu unserer letzen Berghütte, der Weg führt uns über riesige Felsblöcke, an einer winzigen Quelle vorbei, über einen Bach auf die rechte Talseite zu den Ruinen der Bergerie Mandriaccia. Von hier steigen wir nochmal 100 m hoch, über eine flache Bergkuppe (1550 m) erreichen wir in einem Nebental endlich die in der Abendsonne hellblau strahlende Refuge d´Ortu di u Piobbu in 1560 m Höhe. Wir schlagen unterhalb unserer letzten Hütte unser Lager auf, genießen seit langem wieder eine kalte Dusche, gehen noch in die Hütte, Witz kocht uns Tee und wir bestellen einen Teller Makkaroni mit Basilikum und Olivenöl für 8,50 €. Der Sonnenuntergang über dem Meer ist wundervoll, unsere letzte Nacht in den Bergen bricht an, gute Nacht, Witz, wir haben es bald geschafft.
13. Etappe : 12 km +1015 m / -1265 m in 11,0 Std. (Pause 2,0 Std.)


27. 08. Unsere letzte Etappe bricht an, heute steigen wir ins Tal nach Calenzana, unserem Zielort ab. Gegen 7 Uhr laufen wir los, um einen Talkessel herum kraxeln wir auf die rechte Seite des Berghanges, es geht auf und ab auf ungefährer Höhe der Hütte, über einen Berggrat hinweg zur Bocca di Bassiguellu. Dann steil und schwierig abwärts, ein zerrissenes Drahtsicherungsseil zeugt vom Kampf eines Gr 20-Kletterers gegen die Schwerkraft, der hoffentlich zu seinen Gunsten ausgegangen ist. Weiter unten liegt ein schönes Bergplateau, die Bocca a u Salutu (1276 m), wo einige uns entgegenkommende Wanderer ihre erste große Rast einlegen. Ab hier werden die Wege schnuckelig, es geht auf langen Serpentinen abwärts unter dicken Kiefern und durch Macchia-Gestrüpp, weiter unten an angekokelten Esskastanienriesen, wilden, gutschmeckenden Brombeeren vorbei, wir sehen unser Ziel immer näher rücken. Ganz im Hintergrund leuchtet die Zitadelle von Calvi. In 550 m Höhe trifft der Weg Tra Mare e Monti, der über Galeria ans Meer nach Cargese führt, auf den GR 20. Schließlich ist es vollbracht, wir erreichen wohlbehalten den Ortseingang von Calenzana (300 m), machen das obligatorische Zielfoto und rücken ein in die „Snackbar GR 20“, begießen unseren Erfolg mit korsischem Hefeweizen, sind alle beide glücklich. Nach der Ortsbesichtigung fahren wir 15 Uhr mit dem Bus für 6 € nach Calvi. Wir haben die drei jungen Wanderer Tobi, Henning und Arne vom ersten Tag wiedergetroffen, auch sie haben heute den kompletten GR 20 beendet, sie geben uns den Tip, mit auf den kleinen gemütlichen „Camping International“ zu kommen, der in direkter Stadt- und Strandnähe liegt und preiswerter ist als die großen Touristen-Zeltplätze, für eine Nacht bezahlen wir 5,70 € pro Person. Wir lassen uns nieder, gehen gleich noch in die große Casino-Kaufhalle schräg gegenüber, uns fallen die Augen raus beim Anblick der vielen gut gefüllten Regale mit den lange entbehrten leckeren Sachen, wir kaufen ein wie die Männer und am Abend essen wir uns erstmal richtig satt. Das Baden im flachen warmen Meer mit Calvi-Zitadellen-Blick ist ein extra Schmankerl. Abends trinken wir noch eine Flasche Cidre auf unsere gelungene Tour, zusammen mit unseren drei jungen Nachbarn, die uns noch zu einem Roséwein einladen, heute bleiben wir bis 23 Uhr auf, die Nacht ist herrlich warm.
14. Etappe : 12 km +105 m / -1295 m in 5,0 Std. (Pause 0,5 Std.)

 

Gesamter Reisebericht als PDF-Datei mit An- und Abreise zum Ausdrucken (ohne Bilder).

 


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