Die nachfolgend
beschriebene Tour gilt als die schwierigste Etappe des
GR 20. Legendär ist vor allem die Durchquerung des
Kessels der Einsamkeit - aber dazu später.
Nach einem Bustransfer in Korsikas höchstgelegenes Dorf
Calasima (knapp 1100 m) begann der Aufstieg zum GR 20,
zunächst mit der alles überragenden Paglia Orba (2525 m)
im Angesicht, und dann weiter zur Tighiettu-Hütte.
Der mäßige, dann steiler werdende Anstieg zur
futuristischen auf Stelzen erbauten 1683 Meter hoch
gelegenen Refuge de Tighiettu führt durch das
Strancione-Tal. Dort angekommen, legten wir eine kurze
Rast ein und stiegen weiter steil aber nicht schwierig
zum Sattel Bocca Minuta auf 2218 Meter Höhe. Voller
Spannung liefen wir einem der absoluten Höhepunkte
unseres Korsika-Abenteuers entgegen. Von der Bocca
Minuta eröffnet sich der Blick in den Cirque de la
Solitude, den Kessel der Einsamkeit. Hier sollte man auf
jeden Fall eine Pause einlegen und den Anblick genießen.
Im Wanderführer Trans-Korsika vom Stein Verlag wird von
der Schlüsselstelle des GR 20 geschrieben, von
senkrechten Felsabstürzen und einem engen, steilen
Felskessel, der irgendwie unheimlich wirkt und Respekt
einflößt. Also ganz so schlimm ist es nicht.
Senkrecht sind die zu bewältigenden Kletterpassagen
sicher auch nicht, steil aber schon. Da wir das Glück
hatten, bei strahlendem Sonnenschein und nur mit dem
Tagesrucksack die etwa 250 Höhenmeter Abstieg und 200
Höhenmeter Aufstieg zum Col Perdu (2183 m) zu gehen, war
es eher ein Genuss und weniger Strapaze. Allerdings
sollte man die Passage nicht unterschätzen. Das trifft
vor allem für schlechtere Wetterbedingungen und volles
Trekking-Gepäck zu. Der Abstieg von der Bocca Minuta
beginnt noch recht harmlos, schnell erreicht man dann
aber die steileren Passagen, die teilweise mit Ketten
gesichert sind. Eine Leiter hilft am einzigen vielleicht
wirklich senkrechten Stück. Der Aufstieg zum Col Perdu
führt teilweise sehr steil durch loses Geröll. Auf
nachfolgende Wanderer sollte dabei unbedingt Rücksicht
genommen werden. Der letzte Teil des Aufstiegs ist
nochmals mit Ketten gesichert. Für die
Durchschreitung des Cirque de la
Solitude sollte man
insgesamt etwa zwei Stunden einplanen.
Ich habe mich bemüht, wesentliche Passagen mit der
Digicam festzuhalten, vor allem die kettengesicherten
Abschnitte im Ab- und Aufstieg und die Steilstücke. Zwei
ausführliche Diashows sind dem "Solitude" gewidmet.
Leider lässt sich selbst mit dem Weitwinkelobjektiv nur
ein beschränkter Eindruck von den Ausmaßen des
Felskessels vermitteln. Das muss man einfach selbst
erleben.
Nach dem Aufstieg zum Col Perdu meinen viele, die aus
dem Süden kommen, nun wäre es fast geschafft - wir
hatten immerhin auch schon ca. 6 Stunden Wanderung in
den Beinen. Dem ist aber nicht so. Es ging gleich wieder
steil talwärts und zwar im Juni noch über ein
Schneefeld. Immerhin muss man von fast 2200 Meter Höhe
bis nach Haute-Asco (1422 m) absteigen. Und der Weg
"zieht" sich. Es geht vorbei an den Ruinen der
Altore-Hütte, die 1884 bei einem Brand völlig zerstört
wurde. Der sehr steinige oder besser "geröllige" Weg
bietet bald einen schönen Ausblick auf den höchsten Berg
Korsikas, den Monte Cinto (2707 m), an dem man relativ
dicht vorübergeht.
Nach etwa 8 Stunden reiner Gehzeit erreichten wir
schließlich unsere Unterkunft im Berghotel Haute-Asco,
was uns für die nächsten zwei Tage beherbergte. Von hier
aus besteht auch die gute Möglichkeit für einen Aufstieg
zum Monte Cinto, was Konditionsstarke durchaus nutzen
sollten.
Die besten Eindrücke von dieser anspruchsvollen
Wanderung vermitteln die drei Diashows und der Videoclip
(rechts), der zum Teil die Durchquerung des Cirque de la
Solitude zeigt. |