Steiganlage – 1000 Jahre alt

Aufstieg zum Castello in Xunantunich (Belize) In den letzten dreißig Jahren gab es für mich immer wieder einmal das große „Wow-Erlebnis“, als wir mit dem Nachtzug durch die Slowakei fuhren und ich bei Tagesanbruch zum ersten Mal richtig hohe Berge sah, die Hohe Tatra, als wir den Geysir Strokkur auf Island ausbrechen sahen, oder die Lavaeruptionen auf dem Stromboli…

Heute ist wieder einmal ein solcher Tag. Unvermittelt ragt die als Castello bezeichnete, 40 Meter hohe Mayapyramide von Xunantunich aus dem Regenwald. Wir sind in Belize unterwegs, haben glücklicherweise die von amerikanischen Touristen überrannten Ruinen von Tulum (Mexiko) hinter uns gelassen und stehen jetzt hier, fast ganz allein.

das 40 Meter hohe Castello - Maya Pyramide in Xunantunich (Belize)

das 40 Meter hohe Castello – Maya Pyramide in Xunantunich (Belize)

Die Maya-Ruinen von Xunantunich liegen etwa 13 Kilometer südwestlich von San Ignacio in Belize auf einem kleinen Hochplateau über dem Mopan-Fluss. Über den Fluss müssen wir mit einer handbetriebenen Fähre übersetzen. Das geht alles ganz gemütlich und entspannt zu.

Nur wenige Touristen sind unterwegs. Die Ruinenstadt liegt etwa 1,5 Kilometer vom Fluss entfernt. Wer nicht laufen will, kann einen Shuttleservice nutzen, der auf der Schotterpiste den kurzen Hin- und Rückweg überbrückt. Das ist bei über 30 °C ganz angenehm.

Der Name Xunantunich bedeutet „steinerne Frau“ und wurde der Ruinenstadt von den Archäologen gegeben. Der ursprüngliche Name ist ebenso unbekannt, wie das für viele andere ausgegrabene Städte der Maya in Mittelamerika zutrifft. In Xunantunich gruppieren sich um sechs größere Plätze 25 Tempel und weitere Bauten, die meist zu religiösen Zwecken errichtet wurden. Überragt werden die bisher ausgegrabenen Anlagen vom Castello, einer Tempelanlage, die noch bis vor wenigen Jahren – vor der Entdeckung der Maya-Stätte Caracol – als höchstes Bauwerk Belizes galt.

Wie bereits eingangs erwähnt, befinden wir uns fast ganz allein auf dem Gelände der Ruinenstadt und beginnen den Aufstieg über die teilweise recht steilen Treppen zur obersten Plattform des Castellos. Das wird eine recht schweißtreibende Angelegenheit. Die Mayapyramiden dienten nur in seltenen Fällen als Grabstätten mächtiger Herrscher, wie wir das von den ägyptischen Pyramiden kennen. Vielmehr errichteten die Maya auf dem Gipfel der Pyramide zeremonielle Bauten für ihre Priester. Wir genießen vom Gipfel den spektakulären Ausblick über das Tiefland von Yucatan und bis zum tropischen Regenwald Guatemalas mit der riesigen antiken Mayastadt Tikal, die wir später auch noch aufsuchen werden.

Aufstieg zum Castello Fresken am Castello Blick vom Gipfelplateau des Castellos die höchste Mayapyramide in Xunantunich (Castello, 40 m)

Über die Geschichte der Maya und vor allem über den Untergang dieser Hochkultur ist recht wenig bekannt. Das plötzliche Verschwinden der Bevölkerung aus den Städten mit teilweise mehreren hunderttausend Einwohnern ist noch immer spekulativ. Neue Hypothesen gehen davon aus, dass der Raubbau an Ressourcen (Waldabholzung), die Monokultur des Maisanbaus und lange Trockenperioden den schnellen Niedergang der einzelnen Städte verursacht haben könnten.

Xunantunich wurde um das Jahr 900 (nach anderen Quellen auch erst einhundert Jahre später) verlassen und in der Neuzeit durch Thomas Gann am Ende des 19. Jahrhunderts wiederentdeckt. Archäologische Ausgrabungen finden seit 1930 statt. Erste Siedlungsspuren im Gebiet der heutigen Ruinenstadt gehen schon auf 600 v. Chr. zurück, die Stadt erlangte aber erst Bedeutung, als die Herrscher von Naranjo in Guatemala Xunantunich in Besitz nahmen. Danach stieg die Bevölkerungszahl wahrscheinlich auf über 10.000 Menschen. Xunatunich überlebte Ihre Eroberer. Als Naranjo unterging, erlebte die Stadt ihre Blütezeit. Die größten Gebäude wurden im 8. Und 9. Jahrhundert errichtet. Im 10. Jahrhundert verliert sich dann plötzlich die Spur der Herrscher und der gesamten Bevölkerung von Xunantunich.

Mit bleibenden Eindrücken verlassen wir die weit über 1000 Jahre alte Siedlung und fahren weiter Richtung Guatemala. Zur Mittagsrast bestelle ich mir das beste Bier Belizes. Es ist auf jeden Fall das beste hier erzeugte Bier, es ist das einzige. Schmeckt aber wirklich gut, gut gekühlt versteht sich.

Tikal - riesige Maya Ruinenstadt in Guatemala Tikal - riesige Maya Ruinenstadt in Guatemala Mayastadt Palenque in Mexiko Pyramide des Zauberers in Uxmal (Mexiko)

Viel werden wir noch zu sehen bekommen, die Stadt Tikal, die einstmals wahrscheinlich über 300.000 Menschen beherbergte und deren Bauten aus dem tropischen Regenwald ragen, Palenque und Uxmal in Mexiko – überall begegnen wir nur wenigen Touristen – und schließlich die wohl bekannteste Maya-Stadt Chichen Itza, die allerdings von amerikanischen Touristen belagert und von hunderten einheimischen Souvenirhändlern „besetzt“ ist, die hier mit geringem Aufwand den schnellen Dollar mit Waren „Made in China“ verdienen wollen.

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